Was Gott von uns erwartet

Bibeltext Matthäus Evangelium Kapitel 25, Verse 14 -30

Das Gleichnis von den anvertrauten Zentnern

Das Himmelreich ist wie mit einem Menschen, der außer Landes ging: er rief seine Knechte und vertraute ihnen sein Vermögen an; dem einen gab er fünf Zentner Silber, dem anderen zwei, dem dritten einen, jedem nach seiner Tüchtigkeit, und zog fort. Sogleich ging der hin, der fünf Zentner erhalten hatte und handelte mit ihnen und gewann fünf weitere hinzu. Ebenso gewann der, der zwei Zentner erhalten hatte, zwei weitere dazu. Der aber einen empfangen hatte, ging hin, grub ein Loch in die Erde und verbarg das Geld seines Herrn.
Nach langer Zeit kam der Herr dieser Knechte und forderte Rechenschaft von ihnen. Da trat herzu, der fünf Zentner erhalten hatte, legte fünf weitere dazu und sprach: Herr, du hast mir fünf Zentner anvertraut, siehe, ich habe damit fünf weitere Zentner gewonnen. Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen, ich will dich  über viel setzen; gehe ein zu deines Herrn Freude.

Da trat herzu, der zwei Zentner empfangen hatte und sprach: Herr, du hast mir zwei Zentner anvertraut, Siehe da, ich habe damit zwei weitere gewonnen. Sein Herr sprach zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen; gehe ein zu deines Herrn Freude.
Da trat auch herzu, der einen Zentner empfangen hatte und sprach: Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist: du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast. Und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in der Erde. Siehe, da hast du das Deine. Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht! Wusstest du, dass ich ernte wo ich nicht gesät habe, und einsammle, wo ich nicht ausgestreut habe? Dann hättest du mein Geld zu den Wechslern bringen sollen, und wenn ich zurückgekommen wäre, hätte ich das Meine wiederbekommen mit Zinsen. Darum nehmet ihm den Zentner ab und gebt ihm den, der zehn Zentner hat. Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.
Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus, da wird sein Heulen und Zähneklappen.

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Es wäre denkbar, dass der eine oder andere Schwierigkeiten haben könnte, die Überschrift über der heutigen Predigt so ohne weiteres zu akzeptieren. Sie lautet nämlich:

Was Gott von uns erwartet !

Denn wir sind es gewohnt, etwas von Gott zu erwarten, was ja auch nur zu berechtigt ist. Dass aber auch Gott etwas von uns erwarten könnte, damit rechnen wir meist nicht. Dass das aber so ist, hat uns meines Erachtens der eben verlesene Bibeltext von den anvertrauten Zentnern deutlich gezeigt. Denn schließlich erwartet der Herr hier von seinen Knechten, dass sie sein Gut nicht nur verwalten, sondern es vermehren, für ihn arbeiten, eine Leistung für sein Unternehmen erbringen, 

Damit es nun keine Missverständnisse in Bezug auf diese Predigt gibt, soll es,  bevor wir direkt auf den Bibeltext eingehen, eine erklärende Einleitung geben.  Es gibt ein kleines, unbedeutend wirkendes Wort in der Bibel, das aber, wenn man es recht begreift, eine ungeheure Bedeutung gewinnt. Es ist das kleine Wort:
Umsonst.

Wir finden es in dem hier beabsichtigten Zusammenhang im Buch der Offenbarung und zwar im Kapitel, 22 Vers 17:

...wen dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst!

Es ist eine wunderbare Gewissheit: Alles was wir von Gott empfangen, bekommen wir umsonst. Umsonst das Evangelium, das uns verkündet wurde und uns zum Glauben führte. Umsonst die Vergebung unserer Sünden. Umsonst das ewige Leben, umsonst die Gabe des Heiligen Geistes, umsonst alles, was uns im Glauben zugesprochen wird. Nichts, aber auch wirklich gar nichts können und brauchen wir zu tun, um unsre Erlösung zu erwirken. Nicht materiell und nicht ideell, ohne Leistung und ohne Anstrengung sind wir erlöst. Alles ist umsonst. Nicht, dass die Erlösung umsonst zu haben gewesen wäre. Jesus hat teuer dafür bezahlt. Petrus erinnert uns daran:

und wisset, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid... sondern mit dem teuren Blut Christi ! (1. Petrus 1, 28 + 19)

Das ist eine wunderbare Botschaft und ermöglicht allen, Erlösung und ewiges Leben zu erlangen, gleich ob jemand reich oder arm, mehr oder weniger tüchtig, mehr oder weniger intelligent, alt oder jung, gesund oder krank ist, alle bekommen alles aus Gnaden, eben umsonst. Wir können das gar nicht oft genug betonen, dass Jesus alle Schuld bezahlt hat und wir weder vor noch nach unserer Erlösung etwas tun müssen, um uns die Erlösung zu verdienen oder gewissermaßen abzuarbeiten. Sagen wir es deshalb noch einmal:

wer da will, der komme und nehme das Wasser des Lebens umsonst.

 Allerdings, eines müssen wir, die Erlösten, bedenken. Gott hat in Jesus keine Generalamnestie der Schuld und Strafe aller Menschen erlassen ohne etwas von uns zu erwarten, wie es manchmal die Justizbehörden tun, wenn sie zu einem besonderen Ereignis Gefangene vorzeitig entlassen, die ohne Bedingungen in die Freiheit gehen können. Sie können ohne weiteres in ihr altes Leben zurückkehren und tun es in der Regel auch.

Ganz anders ist es nun aber bei uns, die wir durch Jesus erlöst sind. 

 Jesus hat uns auch die Freiheit von unseren Sünden erwirkt, aber er  hat uns nicht in einen neutralen Raum hinein erlöst. Denn wir sind nicht nur erlöst, uns ist nicht nur unsere Schuld vergeben, wir wurden wiedergeboren zu einem neuen Leben. Wir können nicht einfach in das alte Leben zurückkehren, denn wir leben zwar noch auf dieser Erde, aber jetzt schon auch in der Dimension Gottes. Das Reich Gottes ist mitten unter euch und in euch, sagt Gottes Wort. Wir sind durch die Wiedergeburt im Heiligen Geist  in einen neuen geistlichen Stand versetzt worden. Die Bibel macht das durch verschiedene Ausdrücke klar. Wir sind:

Gotteskinder -- Heilige -- Jünger -- Nachfolger -- Zeugen des Evangeliums -- Bauleute des Reiches Gottes -- Mitarbeiter Jesu --

Und das sind nicht zufällige Aufzählungen, sondern Begriffe, die für uns einen realen Inhalt haben. Wenn wir Gotteskinder sind, dann heißt das, dass wir in die Familie Gottes aufgenommen worden sind mit allen Rechten und Pflichten! 

Wenn wir Heilige sind, dann bedeutet das, dass wir anders leben als die, die nicht geheiligt sind.

Wenn wir Jünger sind, das heißt Lernende, dann bleiben wir unserem Herrn und Meister, Jesus, zugeordnet und lernen von ihm bis zum Ende unserer Tage. 

Nachfolger sein beinhaltet von Sinn der Bibel her nicht nur, dass man seinem Vorbild und Meister nachgeht, sondern dass man seine Gesinnung annimmt, seine Taten tut, seine Prinzipien zu den eigenen erklärt und sein Ziel mit zu verwirklichen hilft. 

Wenn wir Verkünder des Evangeliums sind - und wir sollen es sein, denn Jesus hat alle Jünger gemeint als er sagte: Gehet hin in alle Welt und verkündet das Evangelium - dann muss die Sorge um das Evangelium in der Bedeutung vor allen anderen Dingen stehen, die mich sonst noch bewegen. 

Dass Bauleute und Mitarbeiter Gottes zur Arbeit da sind, sagen ja schon die Begriffe selbst sehr deutlich.

Das heißt, Gott hat Erwartungen an uns in der Weise, dass wir das,
was wir durch Jesu Erlösungswerk wurden, auch sind, es praktizieren, es  ausleben.
Er erwartet von uns, dass wir für das Reich Gottes arbeiten, also eine Leistung erbringen.

Vom Biblischen her ist das durchaus kein abwegiger Gedanke. Paulus schreibt im 1. Korintherbrief 15, 10:

...ich habe vielmehr gearbeitet als sie alle!

Wobei er genau wusste, dass die Kraft dazu nicht von ihm kam, sondern von dem Geist, der in ihm war! Aber er wusste auch, dass er trotz, ja gerade wegen der Erfüllung mit dem Geist arbeiten, tätig werden musste! Betonen wir es noch einmal um richtig verstanden zu werden: es geht nicht um eine Art Wiedergutmachung, nicht einmal um ein Engagement aus Dankbarkeit oder Pflicht, sondern es geht einfach darum, das zu leben, was wir durch die Erlösung geworden sind: Mitarbeiter Gottes. Und Mitarbeiter Gottes sind eben dazu da, dass sie für Gott arbeiten. Es geht also um etwas ganz Natürliches und Selbstverständliches: So wie wir uns als Menschen 'human' benehmen, eben weil wir Menschen sind, genau so selbstverständlich sollte es sein, dass wir uns als Christen eben 'christlich' verhalten. Sagen wir es in einem Merksatz:

Wir sind nicht erlöst worden weil wir gute Werke getan haben, aber weil wir erlöst worden sind, tun wir gute Werke !

Deshalb sagen wir es noch einmal deutlich: es geht darum, eine Leistung für das Reich Gottes zu erbringen. Dass dies so ist, ist uns in dem voran gestellten Bibeltext des Matthäus Evangeliums von den anvertrauten Zentner bestätigt worden. Vielleicht erschreckt das manchen, dass hier Jesus auch von einer ganz konkreten Leistung spricht. Wir hier in der westlichen Welt leben in einer typischen Leistungsgesellschaft, die inzwischen nicht nur einen positiven Klang, sondern auch einen oft sehr bitteren Beigeschmack bekommen hat. 

Aber wir wissen auch, wie problematisch es sein kann, wenn man keine Leistung mehr erbringen kann. Wenn man alt oder krank oder arbeitslos geworden ist. Dabei geht es ja nicht nur um Geld, sondern um den Wert einer Persönlichkeit.

Natürlich wissen wir alle, dass es ohne Leistung nichts gibt von all dem, was wir brauchen oder möchten. Jeder Bissen den wir essen, ist durch Leistung entstanden, jeder Stuhl auf dem wir sitzen, kurz, alles was uns umgibt, ist durch eine Leistung hervorgebracht worden. Und dass es uns und diese Welt gibt, verdanken wir der Leistung unseres Gottes, der in sechs Schöpfungstagen, d.h. in sechs Arbeitstagen, alles erschaffen hat. Und wenn wir einen Arzt aufsuchen, eine Reise im Flugzeug oder Bus unternehmen - und manches andere könnten wir hier noch nennen - dann wollen wir auch eine gute, eine hervorragende Leistung sehen, weil wir unser Geld sauer verdient haben und in anderen Fällen sogar unsere Gesundheit und unser Leben davon abhängig sind. Insoweit sind wir alle mit der Leistungsgesellschaft einverstanden. Was uns aber nicht gefällt, ist das System, das dahinter steht. In der Welt herrscht

Das absolute Leistungsprinzip.

Das heißt, nur der Erste, der Beste, der Allerbeste ist letztlich gefragt und gilt etwas in dieser Welt.
Wer gut, aber nicht der Beste ist, hat längst nicht immer gute Möglichkeiten.

Bei einer Olympiade beobachtete ich, dass auf dem begehrten Siegertreppchen eine Sportlerin stand, um die Silbermedaille in Empfang zu nehmen. Und auf dem Siegesthron stehend, weinte sie. Nun, dachte ich bei mir, das wird für sie ja auch ein erhebender Moment sein, da kann einem schon einmal die Rührung überkommen. Schließlich ist sie ja die Zweitbeste ihrer Disziplin der ganzen Welt. Am nächsten Tag las ich aber in der Zeitung, dass sie nicht aus Rührung geweint hatte, sondern aus Enttäuschung, weil sie nur die Zweite geworden war. Sie hatte nämlich einen Werbevertrag mit einer ansehnlichen Gage so gut wie in der Tasche unter der Voraussetzung, dass sie die Goldmedaille gewinnen würde. Denn solch einen Vertrag bekommt nur die Beste, die Allererste und nicht die, die eine Stufe tiefer steht.

Im kleinen wirkt sich das System oft noch viel verheerender aus. Denken wir an eine Schulklasse. Wenn die Kinder eingeschult werden, wird ein Leistungsmaßstab zu Grunde gelegt, der weder auf das einzelne Kind noch auf den Durchschnitt dieser Klasse Rücksicht nimmt, sondern der in irgendeiner Behörde nach einer Statistik festgelegt worden ist. Wäre es möglich, den Intelligenzquotienten und zusätzlich den 'Fleißquotienten' der Kinder vorher genau zu bestimmen, könnte man schon vor Beginn des Unterrichts die Zensuren festlegen. Der Beste wird natürlich der sein, der die besten Voraussetzungen mitbringt. Das ganze System wird ziemlich genau beschrieben an einer konstruierten Situation. Stellen wir uns vor, es würde ein Preis ausgeschrieben für den, der ohne jedes Hilfsmittel die Kirschen pflückt, die am höchsten hängen. Wer wird das sein? Klein Emil? Ganz bestimmt nicht. Der Größte - in diesem Fall besser gesagt  der Längste -  natürlich wird es sein.

Und damit haben alle anderen keine Chance und da bleiben viele auf der Strecke. Und natürlich ist das für Minder- oder Normalbegabte oft sehr frustrierend. Denn jeder Mensch hat nicht nur den Wunsch, sondern das lebenswichtige Bedürfnis nach Anerkennung auf Grund einer Leistung, die er erbracht hat.

Ich habe das alles  aus bestimmten  Gründen angeführt. Und zwar deshalb, weil ich verstehen kann, wenn ein lieber Christ bei dem Lesen des Bibeltextes vielleicht innerlich stöhnt oder offen sagt: 

Geht es im Reich Gottes nun auch schon zu wie in der Leistungsgesellschaft?
Bin ich auch bei Gott und bei Jesus nur angesehen,
wenn ich eine hervorragende Leistung erbringe wie der mit den fünf Zentner?
Nein, Gott sei Dank nicht !

Allerdings, das haben wir gesagt und dazu wollen wir auch stehen, Gott erwartet von uns eine Leistung. Denn alles Wirken  im Reich Gottes, das ist ja Arbeit. Das Tun  in der Gemeinde, an und für die Geschwister, an den Suchenden und den Verlorenen, tut sich nicht von selbst. Jeder Reinigungsdienst ebenso wie jede Predigt, jede Renovierung des Gemeindehauses ebenso wie ein seelsorgliches Gespräch sind nur dadurch möglich, dass eine Leistung erbracht wird. Und wie viel Aufwand und Arbeit ist z.B. zu einer Evangelisation nötig! Aber während in der Welt das absolute Leistungsprinzip herrscht, gilt in Gottes Welt

Das relative Leistungsprinzip.

Relativ bedeutet hier, dass die Leistung in Beziehung gesetzt wird zu dem, der sie zu erbringen hat. Sehen wir einmal genauer hin, was in dem Gleichnis geschrieben steht. Wie teilt der Herr dort die Aufgaben an seine Knechte zu ? Jedem nach seiner Tüchtigkeit, d.h. nach seiner ganz persönlichen Möglichkeit, nach seiner Leistungsfähigkeit. So bekommt der eine fünf Zentner, weil er viel zu leisten in der Lage ist, der andere zwei Zentner, weil er etwas weniger befähigt ist, und der Schwache erhält  einen Zentner, denn arbeiten kann er auch !  Als der Herr wiederkommt, erfolgt die Beurteilung. Es wird Rechenschaft gefordert! Nun heißt es nicht bei dem, der aus den fünf Zentner zehn gemacht hat: du bist der Beste, der Größte, der Erste, und der andere, der zwei Zentner erhalten hat, wird nicht beachtet, sondern es heißt bei beiden:

Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; gehe ein zu deines Herrn Freude!

Hier erfolgt eine absolut gerechte Beurteilung. 

Beide haben zwar nicht die gleiche Menge verwaltet und nicht die gleiche Anzahl hinzugewonnen, aber sie haben, relativ gesehen, die gleiche Leistung erbracht, nämlich jeweils eine Vermehrung des ihnen anvertrauten Gutes um 100 %, um das Doppelte ! Und sie haben offensichtlich das für sie Bestmögliche geleistet. Und so empfangen sie nicht nur das gleiche Lob, sondern auch die gleiche Verheißung: Ich will dich über viel setzen und damit auch den gleichen Lohn.

Ist das nicht tröstlich zu wissen? Ich brauche mich bei meiner Arbeit im Reich Gottes nicht mit einem Paulus oder Petrus zu vergleichen, auch nicht mit einem Billy Graham oder einem Bodelschwingh, sondern ich brauche nur 'fleißig und treu' das verwalten und zu vermehren suchen, was Gott mir anvertraut hat, und ich werde in seinem Wohlgefallen sein. Auch wenn es nur kleine Dinge sind, die ich tun kann.

Dabei habe ich  den Eindruck, dass wir die kleinen Taten viel zu gering achten. Dabei sind sie so wichtig. Aus zwei Gründen. Erstens, weil unser Alltag aus den kleinen Dingen besteht und wir deshalb alle die Möglichkeit haben, sie zahlreich zu tun, in der Gemeinde und in unserem sozialen Umfeld. Zweitens sind sie wichtig, weil Jesus sie mit besonderen Augen ansieht. Wir erinnern uns an die Begebenheit in der Bibel, wo die Witwe ihr 'Scherflein', ein paar Cent, in den Opferkasten wirft. Jesus sagt von ihr: Sie hat mehr als alle gegeben. Dabei wird zuvor ausdrücklich erwähnt, dass Reiche viel gegeben haben. Aber diese, so heißt es, gaben aus dem Überfluss. Sie aber gab von dem Wenigen was sie hatte, gab praktisch alles, und das konnte nur eine Tat der Liebe gewesen sein. Und das sah Jesus. Er urteilt hier relativ, die gute Tat wird bezogen auf die Möglichkeit dessen, der sie tut! Wichtig ist in diesem Zusammenhang sich bewusst zu machen, was die Bibel in Bezug auf das Endgericht sagt, wie es uns im Matthäus Evangelium berichtet wird. Nicht die Großen Taten sind es, die hier genannt werden, sondern eigentlich die Selbstverständlichkeiten:

Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist, ich war durstig, und ihr habt mich getränkt. Ich bin ein Fremdling gewesen, und ihr habt mich beherbergt. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich bekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich  besucht. Ich bin gefangen gewesen, und ihr seid zu mir gekommen. (Matthäus 25, 35 + 36)

Das sind alles Dinge, die jeder von uns auch tun kann!
Wir wollen auch daran denken, dass es nicht nur im Gleichnis geschieht, dass der Herr Rechenschaft fordert von seinen Knechten. Im 1. Korintherbrief, Kapitel 3, ab Vers 11 lesen wir:

Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Wenn aber jemand baut auf diesem Grund Gold Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird's klar machen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen. Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen. Wird jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden. Er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch.

Darum lasst uns aufmerksam sein, wo wir Gutes tun und treu unsere Pflicht erfüllen können. In Jakobus 4, 17, lesen wir sogar: 

Wer da weiß Gutes zu tun und tut es nicht, dem ist es Sünde!

 Ich kannte junge Leute, die von ihrem Taschengeld den Zehnten gaben! Andere, die treu zum Gottesdienst kamen, nicht nur wenn sie Lust hatten - ein Christ lebt nicht nach dem Lustprinzip - und die auch nicht nur dann kamen, wenn ihr Lieblingsprediger predigte. Ich kenne Gemeinde, wo bis zu 50% der Glieder in die Bibelstunde kamen; und ich kenne Gemeinden, wo manchmal keiner kommt! Mag sich jeder selbst einmal fragen, worin diese Unterschiede wohl begründet sein mögen

Ich kenne Christen, die ihr Auto nicht nur haben um zur Arbeit und in den Urlaub zu fahren, sondern für die es eine Art Gemeindetaxi ist. Und wie gut ist es, wenn jemand Kranke und Alte besucht, auch wenn er kein Ältester ist. Und wie wohltuend kann ein tröstendes oder freundliches Wort vor oder nach dem Gottesdienst oder bei einem Telefonanruf sein. Und wohl jeder freut sich über eine freundliche Einladung, über einen Kartengruß oder einen Brief. Hier wäre noch manches zu nennen und vieles kann uns einfallen. Heute wäre auch an eine Email zu denken. Da ist unsere Kreativität gefragt, oder besser gesagt: unsere Liebe! Wie sagt der Volksmund? Liebe macht erfinderisch!

Ist das nicht wunderbar, dass bei Gott und im Himmel nicht nur die zählen, die große Taten vollbracht haben, sondern auch die, die treu im kleinen ihre Arbeit und Pflicht erfüllt haben. 

Andererseits sind wir alle mehr in dem absoluten Leistungsprinzip verhaftet, als wir oft wissen und zugeben wollen. So fragen sogar die Jünger Jesus einmal: Wer ist der Größte im Himmelreich ? Vielleicht hätten wir die Antwort erwartet, dass es im Himmel weder Größte noch Erste gibt. Aber das sagt Jesus nicht.  Jesus antwortet auf diese Frage:

Wer nun sich selbst erniedrigt,... der ist der Größte im Himmelreich. (Matthäus 18, 4)
Und in einem ähnlichen Zusammenhang im gleichen Evangelium:
Aber viele, die da sind die Ersten, werden die Letzten und die Letzten werden die Ersten sein. (Matthäus 19, 30)

Größte, Erste und Letzte auch im Himmel, ja, aber mit umgekehrten Vorzeichen. Ich nehme an, dass die Jünger sich diese Antwort hinter die Ohren geschrieben haben, wie man sagt, und wir sollten das auch tun! 

Aber bei allem Trost und der Freude darüber, dass Gott auch unser kleinstes Bemühen lobend beurteilt, dürfen wir doch nicht vergessen, 
wie es dem dritten Knecht ergangen ist. 

Er hielt sich für besonders klug: Der Herr ist streng, dachte er. Arbeit und Leistung sind immer ein Wagnis, da kann manches schief gehen. Das Risiko gehe ich erst gar nicht ein, und er, der Herr, kann schließlich froh sein, wenn er das, was er mir gegeben hat, unbeschädigt und vollzählig zurückbekommt.

Auf den ersten Blick scheint der Gedanke ja gar nicht so übel zu sein. Ist es nicht wertvoll, etwas zu erhalten, Risiken erst gar nicht einzugehen und alles so zu lassen wie es schon immer war, nicht besser, aber auch nicht schlechter und nicht anders? Haben wir da nicht manche Diskussion in der Gemeinde im Ohr? Warum eine gewagte Evangelisation beginnen, wo sich vielleicht doch keiner bekehrt und die viel Geld und Arbeit kostet. Warum neue Lieder, neue Gottesdienstgestaltung, warum etwas wagen, wenn der Ausgang ungewiss ist. Wir erhalten und lassen alles so, wie es schon immer war. Dann muss der Herr doch zufrieden sein.

Nein, sagt der Herr dazu!! Nur erhalten ist Sünde!! 

Nichts riskieren für den Herrn ist lieblos. 

Noch immer ist der Spruch aktuell:

Liebe riskiert, Angst blockiert! So ist es !

Wen der Eifer um das Haus Gottes gefressen hat - wie Jesus das einmal von sich sagte - der wird jedes Risiko eingehen, wenn es nur die kleinste Aussicht auf Erfolg besteht. Ist nicht unser Herr das Risiko eingegangen, verachtet und verspottet, ja gemartert und getötet zu werden, obwohl er das Risiko kannte, dass durchaus nicht alle Menschen seine 'Leistung ' am Kreuz anerkennen würden, wie wir es ja bis heute aus manchen leidvollen Erfahrungen im evangelistischen Bereich wissen.  Nichts für Gott riskieren, nicht um seinetwillen einmal etwas entbehren, einmal eine Stunde Schlaf opfern, einen freien Tag hergeben für ihn, mal auf ein neues Teil oder einen teuren Urlaub verzichten, damit dem Reich Gottes Geld zur Verfügung gestellt werden kann, meine Begabungen nur für mich nutzen, ist böse und faul, so sagt es Jesus im Gleichnis, und das ist dem Herrn ein Gräuel!

Uns mag das harte Urteil des Herrn wundern und erschrecken, gerecht ist es allemal. Denn alles das, was an dem dritten Knecht bemängelt wird, ist letztlich nichts anderes als Liebesmangel. Und Gott zu lieben, ist das erste und wichtigste Gebot überhaupt. Dass es fehlende Liebe war, sehen wir deutlich daran, mit welcher Frechheit der Knecht sein Versagen vor dem Herrn verteidigt. Und so kommen wir noch zu einem eigenartigen Wort Jesu. Er sagt:

Wer hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden. (Matthäus 13, 12)

Ein Wort, das erst verständlich wird, wenn wir die Begriffe Glauben, also Vertrauen und Liebe  einsetzen.  Dann heißt es praktisch: 

Wer auch nur etwas Glauben, Vertrauen zu Gott  hat, dem wird zu dem Wenigen, was er hat, gegeben werden, dass er die Fülle hat.  Wer aber nicht Glauben, Eifer für und Liebe zu  Gott hat, dem wird auch noch genommen werden, was er an Möglichkeiten  hat. 

Das hat sich in mancher Erfahrung bestätigt hat. Manchmal schauen wir halb bewundernd halb erstaunt fragend auf Menschen in der Bibel, in der Kirchengeschichte oder auch in unserer Zeit, die viel für das Reich Gottes erreicht haben. Wo liegt das Geheimnis ihres Erfolges? Wenn man sie näher kennen lernt, hat man oft den Eindruck, einen ehrbaren, frommen Mann oder eine ebensolche Frau vor sich zu haben, aber eigentlich einen ganz normalen Menschen.

Und schaut man auf die Anfänge, haben sie oft nicht mehr als 'einen  Zentner' gehabt, keine besonderen Möglichkeiten oder Fähigkeiten. Aber sie haben etwas im Glauben riskiert, haben gebetet und gehofft, wurden auch enttäuscht und gedemütigt, haben gearbeitet, oft mehr als man von ihnen erwarten konnte, und das Wenige, das sie hatten, vermehrte sich. Und dann hat Gott sich dazu bestätigt. Oft haben sich dann Möglichkeiten und Begabungen aufgetan, die nur zu erklären waren dadurch, dass Gott zu dem Wenigen, das sie versucht hatten in Fleiß und Treue zu verwalten, das Seine noch hinzugetan hat. Ein Beispiel kann ich dazu erzählen.
Als wir vor Zeiten anfingen Gemeinde zu bauen, waren wir nur ein kleines Häuflein von etwa 30 Gläubigen mit wenig Begabungen. Wir galten z.B. als eine Gemeinde, die nicht singen konnte, bzw. nicht richtig und gut. Trotzdem hatten wir einen Chor gegründet. Gott zur Ehre und uns zur Freude, hatten wir gedacht. Ich selbst war auch Chorsänger, das sagt schon alles für den, der meinen Gesang einmal gehört hat. Aber es wurde jede Stimme gebraucht. Ich war nach den meisten Liedern froh, dass ich unter dem schmunzelnden Verständnis der Gemeindeglieder die Liedverse zitieren konnte: Im Himmel wird es besser werden! Aber wir haben uns nicht entmutigen lassen. Und dann mehrten sich die Begabungen und die Chormitglieder, und Gott tat hinzu. Die Gemeinde wuchs bis auf über 650 Gliedern. Zum guten Schluss standen 100 Sänger auf der Bühne, junge Leute mit guten Stimmen, Solosänger, sogar Opernsänger fanden sich in der Gemeinde ein und Instrumentalisten waren ebenfalls da. Zwei christliche Musicals und viele Gesangsveranstaltungen in öffentlichen Räumen der Stadt mit 1000 und mehr Besuchern wurden möglich. Wir müssen uns noch einmal die simple Wahrheit ins Gedächtnis rufen: 

Gott segnet das Werk unserer Hände! Was sollte er auch sonst segnen, wenn wir nichts tun?

Aber nun haben wir noch ein schwieriges Wort Jesus zu betrachten. Sagt er doch von dem ungetreuen Knecht:

Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis!

Scheint das nicht alles zuvor Gesagte aufzuheben? Muss man sich die Erlösung nicht doch noch nachträglich verdienen? Nein! Aber das sollten wir bedenken. Das, was Jesus für uns teuer erkauft hat, können wir auch wieder verlieren. Es ist wie bei der Geschichte eines mittellosen jungen Mannes, der von einem reichen Verwandten ein wertvolles Erbe bekam, das ihm nichts gekostet, das er ganz umsonst bekommen hatte. Und dann hat er sich um nichts gekümmert und alles verlottern lassen. Wen wundert es, dass er danach ärmer war als vorher? Das, was Gott uns in Gnaden und umsonst gegeben hat, wir können es auch leichtfertig wieder verspielen und verlieren. Ein ernstes Wort, das uns nachdenklich machen sollte. Sagt Gottes Wort doch auch, dass das Ende gekrönt wird. (Offenbarung 2. 10) 

Was soll nun das Fazit sein aus dem allen was wir gehört haben und an Forderungen an uns herangetragen worden ist? Erinnern wir uns zum Schluss noch einmal ausdrücklich an das kleine aber so wichtige Wort: Umsonst. Sagen wir es noch einmal: wir brauchen unsere Erlösung nicht nachträglich zu verdienen, brauchen sie nicht abarbeiten. Aus dem Gleichnis geht auch nicht hervor, dass sich die Betreffenden in Stress und Hetze haben bringen lassen, obwohl das manchmal auch in der Reichsgottesarbeit nicht zu vermeiden ist. Aber dann schadet es auch nicht. Nein, was sie getan haben und was von uns erwartet wird, ist, dass wir treu und fleißig sind, ganz im Rahmen unserer Möglichkeiten. Vielleicht hast du nur zwei, vielleicht nur einen Zentner von Gott erhalten. Das sollte dich nicht traurig machen. Auch bei dem, der fünf Zentner erhalten hatte, sagte der Herr: Du bist über wenigem treu gewesen.

Manchmal höre ich, gerade von älteren Leuten die Klage: Ich kann doch gar nichts mehr tun für das Reich Gottes, nur noch beten! Bedenke: Wenn dir das Gebet als eine positive Last aufs Herz gelegt worden ist, dann hast du mehr als einen Zentner erhalten. Gebet kann schwere Arbeit sein, und von Gebetskämpfen berichtet die Bibel immer wieder. Gebet kann selbst aussichtslose Situationen verändern. Wir können keine großen Dinge tun für den Herrn. Die großen Dinge hat ER getan und manchmal tut ER sie durch uns. Wie war es bei den Jüngern, als sie die vielen Menschen speisen sollten? Sie mussten zugeben, wir haben nichts, oder doch: fünf Brote und zwei Fische. Und sie haben Glauben, dass der Herr etwas daraus machen kann. Und was machte der Herr daraus? Speise für über 5000 Menschen! Und vieles bleibt noch übrig!

Also sagen wir nie, es ist so wenig, was ich habe, es lohnt sich nicht. Bringen wir das Wenige IHM, er macht etwas daraus. Wichtig ist, dass wir das Wenige verwalten und mehren nach unserer Möglichkeit. Dann werden auch du und ich gewiss das Lob und das Urteil vom Herrn empfangen:

Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen; gehe ein zu deines Herrn Freude. (Matthäus 25. 21)

Amen

Predigt von Robert Nowak, www.nowakpredigtbuch.de

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