Über die Liebe !
Bibeltext zur Predigt: 1. Korinther 13, 1 -10 + 13
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht,, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe uns ließe meinen Leib verbrennen und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze.
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungereden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk.
Nun aber
bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe , diese drei;
aber die Liebe ist
die Größte unter ihnen.
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Der Bibeltext hat uns sicher längst klar gemacht, um welchen Begriff es heute in der Predigt gehen soll: Um die Liebe. Wir wollen uns mit diesem Begriff beschäftigen, über den wir sicherlich alle schon manche Predigt gehört haben, so dass man Zweifel darüber haben könnte, ob es denn darüber noch Neues zu sagen gibt. Und Paulus hat in solch vollkommener Weise aufgezeigt was Liebe ist, dass auch das kaum besser zu sagen ist. Aber es handelt sich um solch einen tiefgründigen, weitgehenden und wichtigen Begriff, dass man gar nicht genug darüber sagen kann und es immer wieder Neues zu begreifen gibt. Dass es sich dabei um einen wirklich außergewöhnlich wichtigen unter den vielen bedeutenden Begriffen der Bibel handelt, bestätigt uns die Bibelstelle im 1. Korinther 13, 13)
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die Größte unter ihnen.
Und ferner haben wir gelesen:
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle,
mehr nicht, ich
hätte keine Wirkung, würde nichts ausrichten, denn beide
geben nur Laute ohne Bedeutung ab.So glaube ich, dass hier doch noch
einiges zu sagen und zu erklären ist, besonders auch, wie kommt
man zu solch einer Liebe, wie macht man das, damit das alles nicht
nur Theorie und eine notwendige aber vielleicht letztlich nutzlose
Ermahnung bleibt. Denn das Wissen darum sagt nichts:
Und
wüsste alle Geheimnisse aber hätte der Liebe
nicht...!
Versuchen wir es
also.
Nun wissen wir, dass das Wort Liebe nicht ein ausschließlich
biblisches ist. Wir verwenden es in allen möglichen Situationen
des Alltags mit den verschiedensten Bedeutungen: ich liebe die Sonne,
den Mond und die Sterne, ich liebe Beethoven oder Mozart, wobei wir
ihre Musik meinen, und vieles andere könnte hier aufgezeigt
werden was wir `lieben`. So hat gerade der Begriff Liebe einen
Ausverkauf an Bedeutung erlebt, gar nicht zu reden von dem, was man
in den zwischenmenschlichen Beziehungen heute landläufig Liebe
nennt. Liebe ist also durchaus nicht gleich Liebe. So spricht man ja
auch z.B. von der großen Liebe, der leidenschaftlichen oder gar
der verbotenen Liebe. Gerade deshalb ist es notwendig, dem wahren
Inhalt dieses Begriffs einmal nachzuspüren. Man unterscheidet
grundsätzlich drei verschiedene Arten von Liebe mit Begriffen
aus dem Griechischen, aus dem ja unsere Bibel übersetzt wurde:
Eros, Philia und Agape.
Eros wird heute fast ausschließlich gebraucht um die geschlechtliche Liebe zu beschreiben, Philia symbolisiert die Freundesliebe und die allgemeine menschliche Liebe z.B. zwischen Eltern und Kindern.
Agape ist die für uns so wichtige Gottesliebe.
Um von dieser einen wirklichen Begriff zu bekommen, müssen wir den Unterschied zu den beiden anderen Liebesarten herausstellen. Sie haben alle etwa gemeinsam und sind, in den entsprechenden Beziehungen richtig verstanden und gelebt, auch nicht negativ, zeigen aber eben deutlich den Unterschied zur Gottesliebe auf, mit der wir Gott und den Nächsten lieben sollen. Wenn wir in der Agape, der göttlichen Liebe leben und handeln, werden auch Eros und Philia in den Beziehungen der Ehe bzw. der Freundschaft und Verwandtschaft geheiligt.
Aber im Gemeindeleben, in der Bruderschaft, in der Nächstenliebe und in der Liebe zu Gott geht es ausschließlich um die vollkommene Liebe, um die Agape, um die göttliche Liebe. Wenn jetzt von der vollkommenen Gottesliebe die Rede ist, wird mancher denken: Wer kann das schon so perfekt leben? Ist das nicht unmöglich? Nun wollen wir einmal dahingestellt lassen, was möglich ist oder nicht. Ich möchte an einem Beispiel deutlich machen um was es geht.
Ich war in der Schule kein schlechter Schüler und habe auch in manchen Fächern eine '2', die Note gut und manchmal auch eine 1, ein sehr gut bekommen. Aber in der Mathematik z.B. ist es mir nur in einem einzigen Jahr gelungen, eine 2 zu bekommen. Sonst musste ich mich mit einer 3, befriedigend oder gar einer 4, ausreichend , zufrieden geben. Habe ich aber deshalb gesagt: ich bemühe mich in der Mathematik überhaupt nicht mehr, es hat keinen Zweck, eine 2 erreiche ich sowieso nicht, also lasse ich es. Nein, ich habe mich um so mehr bemüht und habe auch nach der Schule noch einiges dazugelernt. Und als es in unserer Arbeit um Millionenbeträge ging, konnte ich damit nicht nur gut rechnen, sondern sie auch verwalten. Ich kann bis heute nicht mit Logarithmen rechnen und mit manchem anderen in der höheren Mathematik komme ich auch nicht zurecht, aber ich bin froh, dass ich das gelernt habe was ich kann und das praktiziere ich auch mit Erfolg.
Sollte es mit der
Liebe und dem Wachsen in der Liebe anders sein? Sicherlich nicht.
Also versuchen wir, so weit wie eben möglich darin
voranzukommen. Die Liebe Eros und Philia suchen sich ihre
Liebesobjekte nach Gefallen, nach Sympathie. Sie lieben die, welche
die gleichen Interessen haben, die, mit denen sie sich durch Familie
und andere soziale Verhältnisse verbunden fühlen. Sie
investiert Liebe da, wo man deutlich wiedergeliebt wird. Es ist eine
Liebe, die viele Voraussetzungen kennt. Diese Liebe will ihre
Befriedigung durch den Anderen erfahren, will den Anderen ganz für
sich in Beschlag nehmen.
Von ganz anderen Gesichtspunkten geht die
Agape, die göttliche Liebe aus. Sie liebt voraussetzungslos.
Oder, anders gesagt, sie kennt nur eine Voraussetzung: sie geht nicht
nach Sympathie und Gefallen, sondern nach einem uns fremd und
scheinbar wenig nützlichen Prinzip:
Agape, göttliche
Liebe liebt die, die Liebe nötig haben.
Das ist das Prinzip göttlicher Liebe. Wenn wir uns den Bibelvers in Johannes 3,16 in Erinnerung rufen, so heißt es dort:
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab.
Dabei liegt die Betonung auf dem Wort 'Welt'. Gott liebte die Menschen der in Sünde gefallenen Welt. Nicht, weil ihm diese Welt oder die sündigen Menschen gefielen, oder weil er sie sympathisch gefunden hätte, nicht weil er bei ihnen Gegenliebe gefunden oder nur erwartet hätte. Ganz im Gegenteil. Die Bibel sagt von Jesus:
Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf! (Johannes 1, 11)
Gott kam in Jesus zu uns aus einem einzigen Grund: weil diese verlorene Welt seine Liebe nötig hatte! So lesen wir ja auch in Römer 5,10:
Denn wir sind mit Gott versöhnt durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren!
Gott hat nicht Ausschau gehalten, wo sind Menschen, für die es sich lohnt das Leben meines Sohnes zu geben, die würdig genug sind, die es zu schätzen wissen und mit Gegenliebe reagieren, sondern er handelte eben nur nach dem einen Gesichtspunkt, dass es nötig war, dass es nur diese eine Hilfe durch ihn, den Gott der Liebe gab um Menschen vor dem ewigen Verderben zu retten, das sie doch auf Grund ihres Verhaltens verdient hätten, denn sie wollten schließlich ohne Gott leben! Und wenn wir heute als Gläubiggewordene sagen können, dass wir Gott lieben, dann ist es gut wenn wir zugleich uns das Wort in Erinnerung rufen:
Lasset uns lieben, denn ER hat uns zuerst geliebt! (!. Johannes 4, 19)
Wir sehen hier deutlich, dass ist eine ganz andere Liebe als sie in Eros und Philia zur Darstellung kommt. Nur so war es möglich, dass Jesus sich verspotten, schmähen, schlagen und schließlich kreuzigen ließ für uns, weil er erfüllt war mit dieser Agape-Liebe Gottes, ja mehr noch, weil er selbst diese Liebe war und ist. Und auch jetzt noch ist die Welt durchdrungen von dieser göttlichen Liebe, die ohne Voraussetzungen gibt, indem Jesu Angebot immer noch gilt, dass Gott diese Welt und seine Menschen erhält ohne Unterschied ob sie ihn lieben oder hassen. Er läßt seine Sonne scheinen und es regnen über Gerechte und Ungerechte, wie es in seinem Wort heißt. Wer tut unter Menschen auch nur etwas ähnliches? Natürlich hat das für uns entsprechende Konsequenzen. Denn wenn Gottes Wort uns auffordert:
Ein neu Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebet, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt. ( Johannes 13, 34)
und wenn es weiter heißt: ...habt die Brüder lieb! (1. Petrus 2,7)
und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst, (Matthäus 22, 39)
dann wird uns klar, dass dies nur möglich ist, wenn wir das mit der Agape-Liebe tun, mit der göttlichen Liebe. Denn weder unser Nächster noch alle Brüder - und Schwestern - sind so geartet, dass man sie ohne weiteres lieben könnte, dass sie liebenswert sind in dem Sinne, dass sie gut zu mir passen, vieles mit mir gemeinsam hätten und es uns immer leicht fällt, ihnen gute Gefühle entgegenzubringen. Ich glaube jedenfalls nicht, dass ich als Bruder jedem passe und gefalle, möchte aber dennoch angenommen und geliebt werden.
Einen Bruder, eine Schwester, kann man sich im geistlichen Leben so wenig wie im natürlichen Leben aussuchen. Geschwister werden einem gegeben, und mit dem Nächsten verhält es sich ebenso. Im Gleichnis vom barmherzigen Samariter ist der unter die Räuber Gefallene dem Samariter völlig unbekannt. Er hilft ihm nur deshalb, weil er menschliche Zuwendung, also Liebe und Hilfe nötig hat. Und die Liebe zum Nächsten ist göttliches Gebot!
Darum fällt uns das Lieben ja oft so schwer, weil wir meinen, im allgemeinen Sinn lieben zu müssen. Manche ehrliche Christen sagen das auch: ich kann nicht alle Menschen lieben, ich kann nicht alle Geschwister lieben, so wie Gott das sieht und möchte. So ehrlich diese Aussagen sind, lassen sie aber doch erkennen, dass hier nicht begriffen worden ist, was göttliche Liebe ist. Göttliche Liebe sagt nicht ich kann nicht lieben, sondern ich will lieben! Das ist ein wichtiger Unterschied, denn was man nicht kann, aber will, kann man lernen.
Göttliche
Liebe gründet sich nicht auf eine Gefühlsaufwallung,
sondern auf einen Willensentschluss!
Aber natürlich wird die Frage aufkommen, sind wir als Menschen, selbst wenn wir willige und gläubige Christen sind, überhaupt in der Lage, mit der göttlichen Liebe zu lieben? Sicherlich nicht aus uns heraus. Aber wie heißt es in Römer 5 Vers 5 ?
Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser Herz, durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben ist.
Dabei hat mich besonders beeindruckt die Formulierung 'ausgegossen'. Das sagt doch aus, dass diese Liebe Gottes im reichen Maße gegeben ist, nicht getröpfelt, sondern eben gegossen, wobei ich unwillkürlich an ein Bild denke, wo mit Eimern etwas ausgegossen wird. Das bedeutet doch, dass wir Liebe Gottes reichlich zur Verfügung haben, wenn wir nur bereit sind, sie weiterzugeben. Weiterzugeben eben auch an Menschen, die nicht unbedingt unsere Sympathie und guten Gefühle haben, aber Liebe brauchen! Hier wird oft gefragt, wie solch eine Liebe wohl praktiziert werden könne. Denn, so sagt man, ich kann doch dem anderen nicht etwas vortäuschen, was ich ich gar nicht habe. Das wäre doch unehrlich und letztlich auch nicht in Liebe gehandelt. Dazu wollen wir uns in Erinnerung rufen, dass die göttliche Liebe sich eben nicht auf positive Gefühle und nicht auf schöne Worte gründet. So heißt es auch:
Lasset uns lieben nicht mit Worten ... sondern mit der Tat. (1. Johannes 3, 18)
Eine gute Definition von Liebe heißt:
Liebe bedeutet: Das höchste Wohlsein des anderen aktiv wollen.
Wobei 'aktiv wollen' bedeutet, dass man es sich nicht nur vornimmt, sondern es auch tut!!
Und im Sendschreiben an die Gemeinde in Ephesus heißt es:
Ich habe wider dich, dass du die erste Liebe verlässest. Gedenke wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke. (Offenbarung 2,4+5)
Hier wird nicht erwartet oder gefordert, alte Gefühle aufzufrischen, sondern etwas zu tun. Das zu tun, was man zu Anfang, als man in der ersten Liebe war, gerne und selbstverständlich getan hat. Wir, die wir verheiratet sind, kennen das doch genau. Was waren wir nicht bereit alles zu tun für unseren Partner und haben es getan als wir in der ersten Liebe waren.
Ich selbst erinnere mich, als ich mit meiner Frau noch verlobt war, wohnte ich sehr außerhalb und meine Verlobte in der Stadt, und wenn ich des Abends meine Braut zur Straßenbahnhaltestelle brachte, mussten wir eine halbe Stunde durch einen dichten Wald gehen. Ein Auto hatten wir damals noch nicht. Nun bin ich ein ziemlich ängstlicher Mensch. Aber natürlich habe ich abends meine Braut durch den dunklen Wald nach Hause gebracht, und zu Zweien war das auch ganz schön. Aber zurück durch den dunklen nächtlichen Wald, da hatte ich manchmal richtige Angst. Hinter jedem Strauch sah ich eine dunkle Gestalt, obwohl natürlich nichts da war! Aber was sollte das, die Liebe war eben größer als die Angst! Aber nur zum Vergnügen hätte ich das nicht getan, da wäre die Angst größer gewesen. Ich will nicht sagen, dass ich das heute nicht mehr für meine Frau tun würde, ganz im Gegenteil. Aber ich denke, dass es in den verschiedenen Beziehungen zwischen Menschen in Ehe, Familie, Verwandtschaft und Bruderschaft oft gut ist sich zu erinnern, was wir einmal um der Liebe willen zu tun bereit waren, auch in Bezug auf Gott zu tun bereit waren und uns einmal ehrlich fragen, was wir heute davon noch tun.
Um solche lau gewordenen Beziehungen wieder neu werden zu lassen hilft nur eines:
Die ersten Werke wieder tun.
So erwartet Gott es auch von der Gemeinde in Ephesus, wie wir in Offenbarung 2, ab Vers 4 lesen:
Aber ich habe wider dich, dass du die erste Liebe verlässest. Gedenke wovon du gefallen bist und tue Buße und tue die ersten Werke
Wie ist es bei uns? War es in der ersten Liebe zu Jesus, gleich nach der Bekehrung und Taufe nicht selbstverständlich, jeden Sonntag im Gottesdienst zu sein, die Bibelstunden zu besuchen, vielleicht auch noch in einer Gruppe der Gemeinde mitzuarbeiten? Regelmäßig zu beten und in Gottes Wort zu forschen? Und wie ist es heute?
War es nicht selbstverständlich, als wir in der ersten Liebe zu unserem Ehepartner waren, dass wir ihm gewissermaßen die Wünsche von den Augen ablasen? Und wie ist es heute? Waren wir nicht bereit, als uns die Kinder geboren wurden, alles erdenklich Gute für sie zu tun, alle Opfer zu bringen? Und wie ist es heute? Genau so? Wunderbar, wenn es so ist! Wenn nicht, was ist zu tun? Vielleicht ist jemand sehr enttäuscht worden und wird sagen: ich bin einfach nicht mehr in der Lage die alten Gefühle für den Betreffenden zu hegen. Das verlangt auch niemand, auch Gott nicht. Aber die ersten Werke wieder zu tun, das kann man, ohne seine Moral zu verbiegen. Und die Erfahrung lehrt, dass über dieses Tun, wenn es ehrlich mit dem Wunsch der Erneuerung der Liebe Gottes geschieht, bald auch die alten ersten Gefühle sich wieder einstellen oder nie gehegte positive Gefühle sich zeigen.
Ich selbst hatte da ein Problem. Ich hatte einen Arbeitskollegen, zu dem ich einfach keine positive Beziehung bekam, keine guten Gefühle für ihn hatte. Ich wusste, dass das nicht richtig war. Aber was sollte ich tun? Ein Bruder schlug folgendes vor: Ich sollte täglich für den Betreffenden beten, ihm im Geiste die Hände auflegen und alles Gute für ihn erbitten. Und es geschah: nach einer gewissen Zeit änderte sich das Verhältnis vollkommen. Ich sah mit einem mal die positiven Seiten des Betreffenden und wir wurden mit der Zeit fast Freunde. Gottes Prinzipien funktionieren! Lasst uns immer wieder daran denken, Jesus ist nicht in dem eigentlichen Sinne gerne an das Kreuz gegangen. Er hat nicht unbegründet im Garten Gethsemane Blut geschwitzt, als er an seinen schweren Opfergang dachte, er hat nicht umsonst gebetet: Vater, wenn es möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Aber ans Kreuz gegangen ist er dennoch, weil er in göttlicher Liebe das tat, was notwendig war um zu helfen, zu retten, zerstörte Beziehungen wieder herzustellen.
Es ist weder unehrlich noch unehrenhaft, wenn wir die Gottesdienste oder Bibelstunden wieder besuchen, auch wenn wir das vielleicht zunächst ohne große Lust tun. Die Freude am Worte Gottes aber wird wiederkommen. Und wie wäre es, wenn man gespannte oder auseinandergegangene Beziehungen wieder pflegt, wieder miteinander spricht, einmal anruft oder was sonst zu tun ist um zu zeigen, dass man Liebe investieren will. Und für Liebesbeweise ist jeder offen. Unsere Frau wird sich über einen Blumenstrauß oder der Ehemann über sein Lieblingsgericht zu ungewohnter Zeit und ohne besonderen Anlass freuen, auch wenn wir dabei nicht sofort die gleichen Gefühle einbringen, wie es vor Jahren einmal war. Aber die Liebe wächst unter dem liebevollen Tun.
Natürlich soll das nicht heißen, dass die göttliche Liebe ohne Gefühle praktiziert wird. Jesus hat um die Verlorenen geweint! Im Himmel ist Freude über einen Sünder, der Buße tut, dass heißt, der sich entschlossen hat, Gott, Jesus zu lieben! Deshalb, wenn wir in göttlicher Liebe handeln, dann stellt sich bald auch das wieder ein, was Liebe Gottes auszeichnet: Dass man den anderen mag, sich nach ihm sehnt, ohne ihn nicht leben kann und will, dass man Fehler gerne übersieht und duldet und die Vorzüge ganz besonders zu schätzen weiß.
Manchmal brauchen wir solch eine Erneuerung der Liebe auch zu Gott und zu Jesus. Vielleicht besonders dann, wenn wir uns im Glauben enttäuscht fühlen. Wenn Gott an uns in für uns ganz unverständlicher Weise gehandelt hat und wir uns von Gott verlassen vorkommen. Wir wollen ehrlich genug sein zuzugeben, dass das vorkommen kann. Was ist dann zu tun. Wir, meine Frau und ich, kennen eine liebe Christin, die mit Eifer in ihrer Gemeinde arbeitete, einen guten Mann, einen Sohn und eine Tochter hatte. Die Tochter ein besonders hübsches und liebes Mädchen, wie es sich jedes Ehepaar wünschen würde. Gut erzogen, lieb und fromm. Was konnte sich diese Frau im Leben mehr und Besseres wünschen? Eines Tages erkrankte die Tochter an einer verhältnismäßig harmlosen Krankheit, die aber einen kleinen chirurgischen Eingriff unter Narkose notwendig machte. Ich weiß nicht genau, wie es zu folgendem kam. Soweit ich mich erinnere, hatte das Mädchen eine Überempfindlichkeit gegenüber dem Narkosemittel. Jedenfalls wachte sie aus der Narkose nicht mehr auf und starb. Das Mädchen war zu dieser Zeit etwa 14 Jahre alt.
Wir können uns vielleicht vorstellen, wie es im Herzen der Mutter ausgesehen haben mag. Wie sollte sie Gott noch verstehen. Sie verstand ihn auch nicht. Aber schließlich rang sie sich zu einem Entschluss durch, nämlich zu glauben und anzuerkennen dass alles, was unter der Zulassung Gottes geschieht, von seiner Liebe bestimmt sein muss, auch wenn wir es absolut nicht verstehen. Als wir sie einmal besuchten, zeigte sie uns in ihrer Wohnung verschiedene Stellen, wo sie kleine gedruckte Kärtchen aufgestellt hatte, auf denen nur ein Wort geschrieben stand: Dennoch! Und dennoch bleibe ich an dir, mein Gott, dennoch glaube ich an dich und vertraue dir, mein Gott und dennoch und gerade deshalb will ich dich lieben und tue ich die ersten Werke wieder. Sie wusste ihr Kind bei dem Herrn und tröstete sich in dieser Gewissheit. In der Folgezeit wurde sie eine eifrige Missionarin. Sie gab z.B. Anzeigen in der Tageszeitung auf: Wer will mir mir beten? Und Leute meldeten sich. Sie kümmerte sich um Einsame uns Enttäuschte und hatte einen eigenen Hauskreis für solche Personen. Und im Tun der guten Werke für ihren Herrn wurde sie wieder eine frohe Christin und ein wirkungsvolles Zeugnis für Jesus, den sie innig liebte. Sie hatte den Willensentschluss gefasst, wieder zu lieben, die ersten Werke zu tun, und Gott bestätigte sich daraufhin.
Lass uns das
Wichtigste noch einmal zusammenfassen:
Die Agape, die göttliche
Liebe, ist in der Lage auch da noch zu lieben, wo wir keine
Sympathie, keine guten Gefühle mehr aufbringen können. Sei
es in Bezug auf den Nächsten, den Bruder, die Schwester oder
gegenüber Gott selbst. Nur so ist es verständlich, dass
Gott uns auffordert:
Du sollst Gott, deinen Nächsten und deinen Bruder lieben.
Nicht die Frage des Könnens steht hier im Vordergrund, sondern des Wollens! Ich denke, dass der Liederdichter etwas davon begriffen hatte, der das Lied schrieb:
Ich will dich
lieben meine Stärke,
ich will dich lieben meine Zier.
Ich
will dich lieben mit dem Werke
und immerwährender Begier.
Ich
will dich lieben, schönstes Licht,
bis mir das Herze bricht.
Viermal ist allein in er ersten Strophe gesagt: Ich will dich lieben. Und man spürt es deutlich, auch an den weiteren Strophen, das nicht mehr aus einer bloßen Pflichterfüllung heraus, sondern weil der Betreffende erkannt hat, ich will diesen Gott lieben, der mich in Jesus unendlich liebt und weil ich durch seine Liebe befähigt werde, auch die vorbehaltlos zu lieben, mit denen ich dieses Leben teile.
Damit wäre auch die Frage beantwortet: Warum so viel Wesens gerade um die Liebe? Liebe ist für den Menschen das, was Wasser, Licht und Wärme für eine Pflanze ist. Ohne diese geht sie ein, kann sie nicht gedeihen, stirbt sie ab. Ein Mensch ohne Liebe verkümmert, kommt nie zu einem lebenswerten Leben. Wie gut, dass Gott seine Liebe ohne Voraussetzungen in Jesus gegeben hat, weil wir sie brauchen und ohne sie kein wirkliches Leben leben können! Und wer das erkannt und erfahren hat, der wird auch göttliche Liebe weitergeben und praktizieren können an andere. Und wenn das in der Gemeinde geschieht, dann wird sie innerlich und äußerlich aufblühen zu einem lebendigen Zeugnis in der Welt. Und wenn wir es auch in der Welt praktizieren, dann werden auch die Menschen um uns wieder fragend werden nach diesem Gott, nach Jesus, dem Heiland der Liebe!
Amen!
Predigt von Robert Nowak www.nowakpredigtbuch.de