Bibeltexte: Jeremia 10. 12, Johannes 4. 43, Lukas 15. 7
Der Mensch gliedert sich in Körper, Geist und Seele.(1. Thessalonicher. 5, 23) Ein solches Wesen wird als Person bezeichnet. Jede normale, gesunde Person wiederum besitzt Verstand, Wille und Gefühl. Darüber gibt es auch in der Wissenschaft Einigkeit, solange sich das ganze auf rein weltliche Grundlagen bezieht. Sobald allerdings im Geistlichen, im Theologischen davon die Rede ist, gibt es fast immer Vorurteile uns Christen gegenüber oder Fehlinterpretationen aus christlichen Kreisen. Es soll deshalb hier einmal versucht werden, diese Begriffe zu klären und zwar hauptsächlich eben im Lichte der Bibel. Betrachten wir zunächst den ersten Begriff näher:
Der
Verstand
Das Vorurteil in dieser Beziehung lautet: Wer
seinen Verstand wirklich gebraucht, wer richtig denkt, kann nicht
glauben, oder, etwas salopp formuliert: Wer glauben will, muss seinen
Verstand an der Garderobe abgeben. Wie kommt es zu diesem
eigenartigen Vorurteil? Versuchen wir zunächst einmal zu
definieren, was Verstand bedeutet. Das Lexikon sagt - und dem können
wir uns auch als Christen anschließen: Verstand ist die
Fähigkeit zu denken, Begriffe zu bilden, zu abstrahieren,
Schlussfolgerung zu ziehen und Urteile zu bilden.
Verstand hat also mit denken, erkennen, begreifen, verstehen zu tun, und auch solche Begriffe wie Weisheit, Intelligenz, Logik und Vernunft gehören dazu. Viele Menschen, und besonders Naturwissenschaftler, gehen davon aus, dass der Verstand nur das erfassen kann, was wir hören, sehen, fühlen, experimentell nachweisen können. Alles, was außerhalb unser drei Dimensionen zu sein scheint, halten sie für unvernünftig, gegen den Verstand, weil dieser von sich aus höhere Dinge nicht erkennen kann. Deshalb kann es ihrer Erkenntnis nach keinen Gott geben.
Andererseits hält z. B. der französische Philosoph Rene Descartes das Denken für so aufschlussreich, dass er sagt: Cogito ergo sum, was soviel heißt wie: Ich denke, also bin ich! Er empfand das Denken - und somit den Verstand - als ein so grundlegendes Phänomen, dass er darin den Beweis für das Sein des Menschen sah.
Trotzdem werden die, die an einen lebendigen Gott glauben, oft unverhohlen für dumm gehalten. Es ist eine bekannte Tatsache, dass gläubige Wissenschaftler kaum eine Chance haben, von ihren Kollegen anerkannt zu werden. Hier liegt ein tragischer Irrtum vor, denn die Bibel lehrt uns, dass der Verstand, das Denken und Planen, eine Ableitung der göttlichen Eigenschaft des Verstandes ist. Die Bibel sagt nämlich, dass Gott einen Verstand hat und dass unser menschlicher Verstand nichts anderes ist als ein Geschenk Gottes an seine Geschöpfe. So heißt es von Gott im Buche Jesaja 40,28:
Gott... sein Verstand ist unausforschlich.
Und im Buche Jeremia 10, 12 heißt es :
Er - Gott - hat die Erde durch seine Kraft gemacht und den Erdkreis bereitet durch seine Weisheit und den Himmel ausgebreitet durch seinen Verstand.
Und aus dem 2. Timotheus Brief 2, 6 b + 7 geht klar hervor, wer den Verstand gibt, das gilt für das Grundsätzliche wie auch für den bestimmtem Einzelfall:
Merke, was ich dir sage! Der Herr wird dir in allen Dingen Verstand geben.
Aus dem Gesamtzusammenhang der Bibel geht hervor, dass Gott grundsätzlich der ist, der Verstand gibt und verständig macht und der uns vernünftig handeln läßt. Wir hatten schon erwähnt, dass die Vernunft aus dem Verstand hervorgeht, obwohl nicht alle, die über Verstand verfügen, auch vernünftig handeln. Unter Vernunft versteht man nach Kant die Fähigkeit, Wissen und Handeln zur Einheit zu bringen. Das heißt, dass, wenn ich vernünftig bin, ich stets das tue, dass mein Handeln das Bestmögliche für mich und alle, die mit mir verbunden sind, bringt.
Natürlich drängt sich die Frage auf, warum so viele, oft gerade sehr intelligente Leute, Atheisten sind, also Gott leugnen, obwohl sie doch durch ihren Verstand und logisches Denken erkennen müssten, dass es einen Gott gibt. Das hat mit folgendem Problem zu tun. Der Verstand bedingt auch mein Ichbewusstsein, also dass ich erkenne, wer ich bin. Als Gott den Menschen geschaffen hatte, gab es da keine Probleme, denn Ich wurde nur verstanden im Sinne von Ich bin ein Kind Gottes, ein Geschöpf des Höchsten.
Das änderte sich generell durch den Sündenfall. Das Ich des Menschen wurde souverän, machte sich unabhängig von Gott, wurde gottlos. Dadurch änderte sich auch grundsätzlich das Verhältnis des Verstandes zu Gott. Da der Verstand eine göttliche Gabe ist, ist es klar, dass bei einer Trennung des Menschen von Gott der Verstand die Fähigkeit verlor, Gott zu erkennen, schon deshalb, weil der Mensch Gott nicht mehr erkennen, und das heißt ja an-erkennen als Herrn, wollte. Die Folge war, dass, wie uns im Epheserbrief 4, 18 berichtet wird, der Verstand der Heiden also der Gottesleugner, sich veränderte. Es heißt dort:
Ihr Verstand ist verfinstert, und sie sind fremd geworden dem Leben, das aus Gott ist, durch die Unwissenheit, die in ihnen ist, durch die Verstockung ihres Herzens.
Das heißt nichts anderes, als dass Menschen, die Gott ablehnen, im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr klar denken können. Natürlich bezieht sich das nicht auf ihren I Q, auf ihre Intelligenz allgemein, aber sie kommen trotz allen eifrigen Forschens immer zu falschen Schlüssen in Bezug auf Gott und dem Ewigen. Sie können geistliche Dinge nicht mehr verstehen. Desto wichtiger ist für uns Christen die Erkenntnis, dass wir unseren Verstand ganz unter die Herrschaft Gottes und damit des Heiligen Geistes stellen und anerkennen, dass wir den von Gott geschenkten Verstand gerade dazu gebrauchen wollen, die Güte und Liebe Gottes in Jesus besser zu begreifen und ihm dafür zu danken. Denn erst durch den Heiligen Geist, der ja über unseren Verstand wirkt, bekommen wir wirkliche Erkenntnis über Gott. Sagt doch die Bibel, dass unsere Erkenntnis durch den Geist erweitert wird:
... der Geist, der wird euch in alle Wahrheit leiten. (Johannes 16.13)
Gerade als Christen sind wir gerufen, über Gott und sein Wesen nachzudenken. Im Psalm 119, Vers 148, sagt der Schreiber des Textes, dass er sogar seinen Schlaf opfert, um über Gott nachzudenken:
Ich wache auf, wenns noch Nacht ist, nachzusinnen über dein Wort!
Natürlich wissen auch wir, dass unser Verstand begrenzt ist und wir auch in Bezug auf göttliche Wahrheiten nicht alles verstehen. Aber, in einem Wortspiel gesagt:
Wir können nicht alles verstehen, aber wir verstehen, dass wir nicht alles verstehen können.
Deshalb kommen wir auch nicht zu dem Schluss, dass es keinen Gott gibt, nur weil unser Verstand ihn nicht fasst. Wir kommen vielmehr zu einer ganz gegensätzlichen Aussage deren, die Gott ablehnen und behaupten: Wer denkt, kann nicht glauben. Wir als Christen bekennen. Wer denkt, muss glauben. Aber auch: Wer glaubt, muss denken! Denn die allgemeine Logik verlangt, dass alles Vorhandene auch einen Schöpfer haben muss. Alle anderen Annahmen, dass, wie in der Evolutionstheorie behauptet, alles von selbst aus der leblosen Materie entstanden sei, kommt jeden vorurteilsfreien Verstand geradezu unsinnig vor. Diese Anschauung ist keinesfalls überholt, wie manche meinen. Es gilt immer noch das Wort aus Römer 1, 20:
Denn Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird ersehen seit der Schöpfung der Welt und wahrgenommen an seinen Werken, so dass sie keine Entschuldigung haben.
Wie ist das Problem zu beheben? Die Bibel sagt, indem sich der Mensch bekehrt. Dass heißt, dass er einsieht, dass er gegen Gott gesündigt hat gerade in der schwersten Sünde überhaupt - abgesehen von mancher moralischen Sünde - dass er Gott geleugnet und nicht als Schöpfer und Herrn anerkannt hat. Sobald ein Mensch das einsieht, dazu ist er durch seinen Willen immer fähig, wird ihm die Sünde vergeben, weil Jesus am Kreuz die Schuld aller Menschen gesühnt hat. In der Bekehrung ordnet sich der Mensch mit seinem Ich, das heißt auch mit seinem Verstand, wieder Gott unter, der im ersten Sündenfall entstandene Schaden wird behoben. In diesem Augenblick geschieht die Wiedergeburt die auch bedingt, dass der verfinsterte Verstand erleuchtet wird. Das geschieht im Heiligen Geist durch Jesus, dem Heiland. Im Lukas Evangelium erklärt der vom Geist Gottes befähigte Simeon, als er das Jesuskind im Tempel sieht:
... meine Augen haben deinen Heiland gesehen .. ein Licht, zu erleuchten die Heiden.
(Lukas 2. 31 - 32)
Kritiker werden sicherlich in diesem Zusammenhang auf Sprüche 3 Vers 5 und anderen, ähnliche Stellen hinweisen, wo es heißt:
Verlass dich nicht auf deinen Verstand.
Hier ist zweifelsfrei der Verstand gemeint, der sich nicht unter Gottes Herrschaft stellt. Sonst wären die anderen geradezu entgegengesetzten Stellen nicht zu verstehen, wenn es z.B. in Sprüche 28, 16 heißt:
Wenn ein Fürst ohne Verstand ist, so geschieht viel Unrecht.
Das dürfte damit geklärt sein.
Fassen wir zusammen: Grundsätzlich braucht der Mensch den Verstand, um durch Erkenntnis richtige Entscheidungen zu treffen. Deshalb hat Gott dem Menschen einen Verstand gegeben. Wo aber der Verstand nicht mehr unter der Herrschaft Gottes steht, sind keine geistlichen Erkenntnisse mehr möglich und die Erkenntnis derjenigen, die ihren Verstand Gott ausgeliefert, sich bekehrt haben, müssen ihnen unvernünftig vorkommen, weil sie Erkenntnisse durch den Geist Gottes bekommen, die Unbekehrten nicht zugänglich sind. Wir aber, die Christen, erkennen gerade durch den Verstand die besondere Liebe Gottes in Jesus und sind ihm dafür besonders dankbar.
Der Wille
Auch
in Bezug auf den Willen gibt es Vorurteile, die aber
eigenartigerweise meist von den Christen selbst formuliert werden.
Häufig trifft man auf die Meinung, dass ein Christ praktisch
keinen eigenen Willen mehr haben dürfe. Er müsse seinen
Willen brechen bzw. töten, damit Gott seinen Willen an ihm
vollziehen könne. So kommt es auch zu der theologisch nicht
richtigen Aussage: ...wenn Gott will, dann geschieht ohnehin alles,
was geschehen soll. Das stimmt so aber nicht. Es trifft sicher für
die große Heilsgeschichte Gottes zu, aber nicht für Gottes
Pläne im Hier und Jetzt und im persönlichen Leben des
Einzelnen. Zunächst müssen wir wieder feststellen, dass der
Wille, ebenso wie der Verstand, eine göttliche Eigenschaft ist.
Gott hat einen Willen. Beten wir doch schon im Vaterunser:
Vater, dein Wille geschehe
Jesus bekennt des öfteren, dass er gekommen ist:
...dass ich tue den Willen des, der mich gesandt hat! (Johannes 4, 43)
Und direkt wird der Wille Gottes angesprochen wenn es heißt:
Gott will, dass allen Menschen geholfen wird. (1. Timotheus. 2,4)
Und dass wir als Menschen einen eigenen Willen haben geht aus vielen Bibelstellen hervor, z.B. überall da, wo es heißt:
Deinen Willen, mein Gott, tue ich gern. (Psalm 49,9)
Und dieser Wille soll weder gebrochen noch getötet werden, sondern in Aktion treten wenn es um das Tun des Willens Gottes geht. Denn wenn Gott einen vollkommenen Willen hat, dann ist der menschliche Wille natürlich auch eine Gabe Gottes.
Als Christen verstehen wir den Willen als die Entscheidungsinstanz, die darüber befindet, wie wir mit Gottes Willen umgehen. Denn gerade durch den eigenen und freien Willen sind wir moralische Wesen, die sich für oder gegen den Willen Gottes, für das Gute oder das Schlechte, entscheiden können.
Wenn Jesus im Garten Gethsemane betet:
...nicht mein, sondern dein Wille (Gott) geschehe, (Lukas 22, 42)
dann bekundet er gerade damit, dass er einen eigenen Willen hat, er hat ihn weder gebrochen noch getötet, sondern unterstellt ihn freiwillig, aus Einsicht und Vernunft, dem größeren und erkenntnisreicheren Willen seines Vaters. Darum geht es grundsätzlich auch bei uns. Jesus hätte auch in dieser Situation Nein zu dem Willen Gottes sagen können. Gott sei Dank war er aber dem Willen Gottes gehorsam, sonst wäre es nicht zur Erlösung der Menschen gekommen.
Aber oft genug hat Gott Mühe, Menschen zu finden, die bereit sind, vorbehaltlos seinen Willen zu tun. Nicht umsonst beklagt schon Jesus, dass die Ernte groß ist, aber zu wenige der Arbeiter. Wie viel Arbeit im Reich Gottes wird nicht getan, weil Gott niemanden findet, der bereit ist, seinen Willen zu tun. Nur ausnahmsweise kann er dann zu solch drastischen Mitteln greifen, wie er es z.B. bei Jona getan hat, den er erst durch allerlei Prüfungen bereit machen musste, Gottes Wille zu tun. Darum geschieht nicht automatisch alles, was Gott will, sondern er ist in vielen Fällen abhängig davon, dass wir seinen Willen tun. Das sollte uns zu denken geben. So klagt Gott im Buch Hesekiel 22 darüber, dass er niemanden fand, der für das Volk Israel in die Bresche springe. Und wie sehr hat er einen Mose bedrängen müssen, damit er bereit wurde, das Volk Gottes aus dem Elend zu führen! Sogar zornig wurde Gott darüber! (2. Mose 4)
Manche entschuldigen ihr Handeln damit, dass sie einen schwachen Willen hätten. Sie meinen damit, dass die Stärke des Willens gewissermaßen genetisch bedingt sei. Wie z.B. die Intelligenz, von der man eben anlagemäßig mehr oder weniger bei der Geburt mitbekommt. Das trifft aber auf den Willen nicht zu. Jedenfalls gibt es dafür im Wort Gottes keinen Anhaltspunkt. Jeder Mensch hat einen freien Willen, d.h. er ist imstande, sich jederzeit frei für oder gegen etwas zu entscheiden. Natürlich gibt es aber sicher so etwas wie einen verwöhnten oder unerzogenen Willen. Man hat sich daran gewöhnt, nicht das Notwendige oder Vernünftige zu tun, sondern das, was dem Lustprinzip entspricht. Das hat aber nichts mit dem nicht Können, sondern mit dem nicht Wollen zu tun.
In der Arbeit mit jungen Menschen stößt man oft auf solche Meinungen. Wir hatten in unserer ursprünglichen Gemeinde eine Wohngemeinschaft mit jungen Leuten. Ein ständiges Problem ist dort, dass viele es nicht fertig bringen, des morgens pünktlich aufzustehen um zur Schule oder zur Arbeit zu gehen. Oft genug wird dadurch eine Arbeitsstelle verloren oder in der Schule werden schlechte Noten erlangt. Die gängige Entschuldigung war dann oft, dass man einen schwachen Willen habe und es einfach nicht schaffe, pünktlich aufzustehen.
Ich habe dann manchmal gefragt: Stelle dir vor, jeden Morgen zu einer bestimmten Zeit läge vor deiner Türe ein Fünfzig DMarkschein, den du nur innerhalb von zwei oder drei Minuten holen könntest. Würdest du glauben, dass du jeden Morgen regelmäßig dein Bett verlassen würdest? Ich habe niemand gefunden, der das verneint hätte. Man kann, wenn man will! Ein Wille muss trainiert werden. Ein schwacher Wille kann stark werden wenn ich übe, so wie Muskeln nicht von selbst erstarken, sondern durch Übung.
Aber das muss man wollen. Wir haben dann den Ausspruch geprägt: Man muss das Wollen wollen ! Die erste Übung besteht darin, dass ich Gott um Entschuldigung für meinen falsch gepolten Willen bitte und mir vornehme, nicht nach dem Lustprinzip, sondern nach Gottes Anweisungen zu leben.
Es fängt also mit einer Entscheidung an, dass sich an meinem Zustand etwas ändert. Denn das Beispiel vom morgendlichen Aufstehen steht ja nur stellvertretend für so manches nicht Tun des Willens Gottes im Leben eines Christen. Warum bete ich nicht regelmäßig? Warum besuche ich keine Bibelstunde, versäume den Hauskreis, bin ich oft kein Zeugnis für Jesus? Warum lehne ich eine bestimmte Mitarbeit in der Gemeinde ab? Oft hat das eben zu tun mit meinem Willen, den ich nicht richtig betätige.
Fast immer wird hier argumentiert, dass man zu wenig Zeit habe. Lasst uns einmal eine einfache Rechnung aufmachen. Der Tag hat 24 Stunden. Der Berufstätige arbeitet im Schnitt - Anfahrtswege mit gerechnet - ca. 8 Stunden am Tag. 8 Stunden wollen wir uns auch Schlaf gönnen. Da bleiben immer noch 8 Stunden übrig. Sollte da nicht auch noch Zeit für Gott da sein. Etwa für eine Mitarbeit in der Gemeinde?
Bei dem verlorenen Sohn ändert sich in dem Augenblick seine Situation grundlegend, als er sagt: Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen. Als er eine positive Entscheidung trifft, wird er auch fähig, diese auszuführen und damit sein Elend zu beenden.
Hier liegt auch das Geheimnis der Heiligung, also bei dem Prozess, Jesus ähnlicher zu werden und mehr und mehr der Sünde abzusterben. Wir müssen uns darüber im klaren sein, dass Sünde kein unbeeinflussbares Naturereignis ist, sondern ein freier Willensentschluss. Ich kann Ja oder Nein zur Sünde sagen. Und wenn ich hier Schwachheit verspüre, darf ich Gott um Hilfe bitten. Sagt doch sein Wort:
Der Geist hilft unserer Schwachheit auf! (Römer 8, 26)
Da gibt es also keine Entschuldigung, es sei denn die Vergebung in Jesu Blut. Und Gott selbst hilft uns weiter dabei, wenn es gilt, unseren Willen zu festigen. Sagt doch sein Wort, dass er das Wollen und Vollbringen schafft. Dann kommt es auch dazu, dass wir mit dem Psalmist sagen können:
Deinen Willen, mein Gott, tue ich gern. (Psalm 49,9)
Das
Gefühl
Auch, und oft gerade wenn es um das Gefühl
geht, haben Christen Schwierigkeiten. Meist weiß man wenig mit
dem Begriff anzufangen. Vielleicht wird besser verstanden was gemeint
ist, wenn das aus dem Lateinischen kommende Wort Emotionen
gebraucht wird, das aber eben auch Gefühlsbewegung bedeutet. (So
das Lexikon)
Richtig ist zwar, dass der Begriff Gefühl in der Bibel nicht vorkommt. Aber sehr viel ist von Gefühlsäußerungen die Rede. Gefühle zeigen bedeutet ja, das, was ich innerlich empfinde, auch durch äußere Handlungen auszudrücken.
Man könnte Gefühlsäußerungen in eher freudige und eher traurige Handlungen einteilen. Z. B. in der Spanne zwischen Lachen und Weinen. Freudige Gefühlsäußerungen sind in manchen christlichen Kreise verpönt: Lachen, Klatschen, Tanzen, Jauchzen und ähnliches haben in der Gemeinde keinen Platz. Wo das dennoch praktiziert wird, bezeichnet man diese Gruppen vorschnell als schwärmerisch. Am ehesten wird noch das Weinen akzeptiert. Was sagt nun die Bibel dazu?
Eines stellen wir schnell fest: Gefühlsäußerungen sind etwas Himmlisches und damit eben auch Göttliches. Einige Zahlen. Sehr interessant ist, wie viel Bibelstellen von Gefühlsäußerungen handeln. Stellen zu positiven Äußerungen wie Freude, Fröhlichkeit, Jauchzen und ähnliche gibt es 800 (Achthundert!!). Zu eher negativen wie weinen, traurig und ähnliche immerhin 176 Stellen. In Lukas 15, 7 lesen wir, dass der ganze Himmel sich freut, da wird Gott selbst wohl kaum ausgeschlossen sein!
Also wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Busse tut.
Bezeichnend ist auch, dass die Freude als Frucht des Geistes genannt wird:
Die Frucht aber des Geistes ist ... Freude (Galater 5, 22)
Überlesen wird auch oft, dass Jesus starke Gefühle zeigte und zwar in beiden Richtungen. So z.B. zur Freude:
Zu der Stunde frohlockte Jesus im Geist
Und andererseits heißt es in Johannes 11, 33
Jesus... ergrimmte im Geist und ward betrübt in sich selbst.
Und auch von Gott wird gesagt, dass er z. B. zornig wurde und andererseits wird gesagt, dass er sich seiner Werke freue. (Psalm 104, 31) Interessant ist auch, dass Jesus uns praktisch direkt zu Emotionen auffordert. Z.B. zur Freude in Johannes 15, 11:
Solches rede ich zu euch, dass meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.
Und andererseits in Lukas 23, 28:
...weinet nicht über mich sondern über euch selbst und eure Kinder
Das dürfte genügen um zu dem Schluss zu kommen, dass Gefühle ein selbstverständliche Äußerungen im christlichen Leben sein sollten.
Wir haben schon angedeutet, dass Gefühlsäußerungen in sichtbaren Handlungen zeigen, was wir innerlich empfinden. Menschen, die dazu nicht oder nur schwer in der Lage sind, werden zu Recht als gefühlsarm oder gar als gefühlskalt bezeichnet. Denn wenn wir unseren Gefühlen Ausdruck geben zeigen wir unserem Nächsten, dass sein Anliegen bei uns angekommen ist. Was würden wir denn wohl empfinden, wenn uns jemand ein kostbares Geschenk macht, und wir es mit unbewegter Mine entgegennehmen würden? Wären wir nicht beleidigt und müssten annehmen, dass wir bei dem anderen eben nicht angekommen sind?
Wie oft tut Gott uns Gutes, ja sogar Wunder vollbringt er in unserem Leben und oft genug zeigen wir kaum oder gar nicht unsere Freude darüber. Kommt Gott bei uns nicht mehr richtig an? Das müsste Gott doch betrüben.
Fragen wir doch einmal ehrlich, wie unsere Gottesdienste unter diesem Aspekt bei Gott ankommen werden. Ob er oft wirklich Freude daran haben kann? Wir sollten bedenken, dass Christsein zwar eine ernste, aber keine traurige Sache ist. Vielleicht gibt es auch manchen Vorbehalt, weil in bestimmten christlichen Kreisen auch Fehler gemacht werden in der Weise, dass man - ich erlaube mir mal, das ein bisschen salopp auszudrücken - dass man schon Halleluja ruft, wenn noch gar nichts passiert ist. Aber falsche Handhabung anderer sollte nicht dazu führen, dass wir solche Dinge unterlassen, sondern dass wir sie richtig praktizieren.
Natürlich sind Gefühle nicht die letzte Wirklichkeit. Man kann sie manipulieren und fehl leiten. Deshalb gehören sie ganz besonders unter die Zucht des Heiligen Geistes. Wir sollten sie aber auch nicht blockieren. Wichtig ist sich zu merken und danach zu handeln, dass Gefühle stets adäquat ausgedrückt werden müssen. Das heißt, genau der Situation angepasst.
Natürlich ist es ebenso unangepasst, wenn ich - um es im Bild zu sagen - ausflippe, wenn mir jemand Zehn D-mark schenkt oder andererseits ich mich völlig unbeeindruckt zeige, wenn er mir hunderttausend schenkt.
Genauso ist darauf zu achten, dass wir in der Öffentlichkeit uns bedeckter verhalten als wenn wir alleine oder im vertrauten Kreis sind. Jesus hat sich in der Öffentlichkeit immer sehr diszipliniert verhalten. Wenn er aber alleine war, oder zusammen mit seinen Jüngern, hat er auch vor Gott geweint und innig gebetet. Das sollte uns ein Vorbild sein.
Wir sollten auch tolerant sein gegenüber Christen, die manche Dinge anders praktizieren als wir es tun und lieben. Oft werden Dinge verurteilt oder abgelehnt, obwohl sie durchaus biblisch sind. In die Hände klatschen, ist durchaus eine biblische Aufforderung, genauso, die Hände beim Gebet zu erheben.
Psalm 47, 2: Schlagt froh in die Hände alle Völker und jauchzet Gott mit fröhlichem Schall
Psalm 63,5: So will ich dich loben mein Leben lang und meine Hände in deinem Namen aufheben
Es ist eigenartig, dass oft gerade Christen die sehr darauf achten die Bibel wörtlich zu nehmen, diese Dinge nie praktizieren. Ist das nicht auch eine Art von Ungehorsam?
Natürlich müssen wir das alles nicht unbedingt praktizieren. Aber es wäre schon vieles geholfen, wenn wir es wenigstens ohne Vorurteile andere praktizieren ließen. Vielleicht täte es uns allen gut, wenn wir gerade in Bezug auf die Äußerung unserer Gefühle Gott um neue Freiheit einerseits und um Disziplin andererseits bitten würden.
Zusammenfassend folgendes:Gott hat uns den Verstand gegeben, damit wir in allen Dingen vernünftig, aber eben auch gottgewollt handeln und wir ihn besser in seinen wunderbaren Eigenschaften erkennen können. Er hat uns einen freien Willen gegeben, damit wir uns in Liebe entscheiden können, seinen Willen zu tun, der immer der beste für uns ist. Er hat uns Gefühle gegeben, damit wir vor ihm und vor Menschen äußerlich adäquat ausdrücken können was wir innerlich empfinden, damit unsere Liebe und Anteilnahme auch sichtbar werden.
Für all das sollten wir dankbar sein.
AMEN !